Angelika von Schwedes

Offen ( Landschaft ), April 2011, Öl auf Leinwand,
195 x 130 cm

Farbenlust und Weltensturz - Zur Malerei von Angelika von Schwedes

Furioso und Ritardando

Angelika von Schwedes malt Bilder, die mit ihrer leuchtenden Farbenpracht, dem bewegten Duktus der Pinselschrift und dem rhythmischen Zueinander der ungebundenen Formen eine wahre Lust sind. Der Betrachter hat gar keine andere Chance, als sich ihnen ebenso lustvoll hinzugeben, ganz spontan, gleichsam auf den ersten Blick. Er weiß gar nicht recht, wie ihm geschieht. Denn diese Bilder sind auf ungewöhnlich spannungsreiche, ja erotische Weise von bewegenden Emotionen erfüllt, die auch die eigenen Empfindungen zum Klingen bringen. Das alles passiert recht unbewusst und vollzieht sich sehr schnell.


Wandernd auf der Oberfläche, springend von Farbinsel zu Farbinsel und das Gestrüpp verflochtener Pinselzüge durchdringend, wird der Betrachter zum leidenschaftlich teilnehmenden Partner des Bildes. Er taucht so in einen Bildraum, dessen eindringliche plastische Griffigkeit allein aus dem suggestiven Zueinander der Farben entsteht; räumliche Darstellung, Perspektive gar, spielt keine Rolle. Dennoch, oder gerade deswegen: Er bewegt sich in einer überaus reich gestaffelten Bildräumlichkeit; sein Blick wird durch das ganz unterschiedlich pendelnd-schwingende Vor und Zurück der Bildelemente bewegt und geführt, weiter geschoben, geleitet, gezogen und gedrängt. Das geschieht – manchmal sogar in ein und demselben Bild – auf bald sanfte, bald heftige Weise, leise bis laut im Farbklang, dissonant und melodisch, heiter ebenso wie melancholisch. Dann wieder mag unvermittelt eine befremdliche Schärfe der Farbtöne auftreten, die aber vom flirrenden Licht einer sommerlichen Heiterkeit beruhigt wird. Stürmisch geht es bisweilen zu, und manchmal ist alles von einer schweren, schwülen Hitze überwölbt. Wir sind von Bild zu Bild einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt. Sie stellen sich aber allein über die leuchtenden oder gedämpften Farben und der hier dynamisch bewegten, dort wieder meditativ beruhigten Formensprache ganz unwillkürlich, im sinnlichen Erleben und zunächst unreflektiert ein.


Im Gegensatz zu dieser spontanen Weise des erlebenden Schauens fängt dann aber nach der ersten Lust ebenso unwillkürlich ein langsameres, ja, sehr langsames Sehen an. Es ist eines, das sich in das Bild hinein verfügt, es zu lesen trachtet; sich dabei aber auch auf das eigene Selbst richtet und insgeheim nach den ureigenen Empfindungen fragt – und sich dabei vor allem sehr viel mehr Zeit lässt. Bis der Betrachter in solch entschleunigter Wahrnehmung schließlich erkennt, dass er sich nicht etwa in der rein gegenstandslosen Bildordnung einer gestisch bewegten Malerei befindet, sondern in einer Bildlandschaft, die sich erst nach und nach entschlüsseln lässt – schrittweise, teilweise, behutsam, wie es dem nun beruhigten Sehen entspricht.

Dieser Gegensatz der gleichzeitig erfahrenen unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Wahrnehmung erhöht die Spannung des Bildes. Dabei stellt sich Erkennbares, Benennbares, meist über die Brücke der Assoziation ein: ein Baum, ein Strauch, eine Blüte, Geäst, Himmel und Erde. Doch alles Abbild geht über das Abbild hinaus, weil es mit den Empfindungen der Künstlerin und unseren eigenen aufgeladen ist. Landschaft wird so zum Sinnbild des Welterlebens, zur Existenzerfahrung vor der Natur - schließlich sind wir selbst Teil von ihr. Aber in der Gleichzeitigkeit dieses Furiosos der Wahrnehmung und dann ihrem Ritardando bündelt sich noch mehr: Die dialektische Spannung des Seins zwischen der Vita activa und der Vita passiva bildet den Grundcharakter dieser Landschaften. Damit gehen sie weit über die individuell empfundene Lebensfreude vor der Natur hinaus, sind nicht lediglich in der Anschaulichkeit des Bildes expressive Steigerung des Gesehenen, sondern sind geistige Überhöhung, die ausschließlich durch die Sinne vermittelt werden kann. Daraus bezieht diese Malerei ihre „innere Notwendigkeit“, die Kandinsky als Grundlage jeden künstlerischen Tuns forderte.

Pfingstrosen, 2008
Öl auf Leinwand
146 x 100 cm
Alle Blumen, 2008 - 2011
Öl auf Leinwand
130 x 97 cm
Tanz des Lebens, August 2009
Öl auf Leinwand
100 x 73 cm

Menschenbild

Manchmal hat es der Betrachter (scheinbar) einfacher, das Bild zu erkennen, wenn die sonst ganz autonome Pinselschrift das Sujet eindeutiger benennt, vor allem wenn Menschen dargestellt sind. Ein schönes Beispiel dafür ist das Triptychon „Morgen, Mittag, Abend“ von 2009. Da ist einmal das Erwachen in der Frische des Morgens, das Strecken des nackten Leibes, das Recken der Arme, das Fragen der Augen in den neuen Tag hinein, in paradiesischer Fülle von Baum, Strauch und Blüten behütet umgeben – Eva im Garten Eden, unschuldig wie am ersten Tag. Am Mittag steht sie lächelnd und voller Tatendrang mit beiden Füßen fest auf der Erde. Erfüllt vom Glück be wältigter Arbeit und drängend zu neuem Tun, hält sie im strahlenden Licht des Tages für einen Moment inne. In der Dämmerung des Abends lagert sie erschöpft, schutzlos hingegeben und ganz bei sich, im Schoße der Natur. Die Glieder sind fast ungelenk und schwer hingebettet, als ob alle Kraft von ihnen abgefallen sei.

Der Morgen, Juli 2009
Öl auf Leinwand
92 x 73 cm
Der Mittag, Juli 2009
Öl auf Leinwand
92 x 73 cm
Der Abend, Juli 2009
Öl auf Leinwand
92 x 73 cm

So sehen wir in den drei Tafeln des Triptychons die ganze Spannbreite der „Phasen der Kraft“, wie Angelika von Schwedes das bei einem Atelierbesuch nannte. Da ist der Schritt nicht weit, die „Tageszeiten“ auch als Lebenszeiten zu verstehen – aber eben nicht im abbildlichen Sinne, sondern als Deutung, gar über das Werk hinaus. Denn so oder so ist das Thema vom geistigen Gehalt her ja recht eigentlich ein monumentales, das aber in einem überraschend intimen Format einherkommt; auch darin nähert sich die Künstlerin dem Szenario in einer besonderen Form von zärtlicher, Anteil nehmender Zuwendung – bis in den malerischen Duktus hinein. Mit der Verweigerung äußerer Größe entgeht die Künstlerin der Gefahr jeglicher pathetischen Überhöhung, sie erfüllt die Bilder vielmehr mit Demut.

Landschaftliches (Äpfel und Birnen ), 2009, Öl auf Leinwand, 100 x 146 cm

Ebenso gehört die freie, offene, sehr individuelle gestalterische Formulierung dazu, die, ganz im bildnerischen Denken des 20. Jahr hunderts verwurzelt, wie ein schutzloses sich Preisgeben ist; denn die gesamte Bildfläche ist aus fragmentarischen Farbformen, aus Flecken, Flächen und Linien wie ein musterloser Teppich zusammengewebt. Dies verleiht allen Darstellungen ganz im Gegensatz zu der dichten Intensität etwas Offenes, Ungesichertes, Schwankendes als Sinnbild unserer stets gefährdeten Existenz. Zugleich ist ihnen aber, selbst in aller körperlichen Schwere, eine schwebende Luftigkeit zu Eigen, wie der Wirklichkeit ent hoben – wie eine Erscheinung sind sie und darin durchaus dem Sakralen nahe.

Natur und Kreuzfigur

Es ist nicht allein der Zauber, den die gesehene Landschaft auf die Malerin ausübt. Strahlend blendendes oder gedämpftes Licht und das lebendige Wechselspiel der Farben von Himmel, Wolken, Sonnenblumen und Bäumen wecken in ihr Emotionen, die in ihrer Bedeutung weit über das Sichtbare hinausgehen und natürlich in die malerische Interpretation einfließen. Von allem wird die Künstlerin in ihrem feinsinnigen Gespür für die Ausdrucksmächtigkeit der Farbe stimuliert – von ernsthafter Dichte zu heiterer Transparenz. In tänzerischer Musikalität wechselt ein Blau zu Lila und dann Rosa, kontrastreich gesteigert mit Gelb und Orange, beruhigt von den unterschiedlichsten sonoren Grüntönen. Grau und Schwarz haben ebenso ihre Funktion, das Klanggefüge des Bildes ordnend zu präzisieren. Hin und wieder tritt die Natur mit ihren Energien machtvoll und bedrohlich als Gegenpart zur ausgelieferten Existenz des Menschen auf: brennende Hitze, die alles verdorren lässt, gewaltige Stürme, die durch die Bäume brausen oder das Meer aufwühlen. Dann wieder durchflutet sanftes Sonnen licht die Landschaft als Leben spendende Kraft, auf dass alles wachse und gedeihe. So erkennen wir, dass das Hauptthema der Landschaftsbilder von Angelika von Schwedes ganz einfach das Erdendasein im ewigen Kreislauf der Natur zwischen Himmel und Erde ist.

Auffällig in all ihren Bildern ist die außerordentliche Strenge der Komposition, mit der sie der überbordenden Fülle der Natur und der damit korrespondierenden spontanen und außerordentlich dynamischen malerischen Niederschrift ordnend begegnet. Im expressiven Getümmel der Flecken, Linien und Farbfelder wird – das eine Mal unmerklich, doch dann wieder auch sehr deutlich sichtbar – in der Mitte stets eine senkrechte Mittelachse gesetzt, zu der nicht selten im oberen Bilddrittel eine Horizontale tritt, die auch zur Diagonalen ausschwenken kann. An dieser ’Waage’ wird alles balancierend ausgewichtet – die Farbe genauso wie die Formen. Dieses durchgängige konstruktive Gerüst der Komposition ist aber natürlich zugleich das Zeichen des Kreuzes, das allem Leben eingeschrieben ist und sei es auf noch so verschwiegene Weise. Damit ist nicht unbedingt das christliche Symbol gemeint, sondern das „individuelle Kreuz des Lebens, das jeder tragen muss.“ (AvS im Atelier)

Dazu gibt es ein besonders erschütterndes, visuell nicht leicht zu entschlüsselndes Bild. Es heißt „Gejagt“ von 2008 und zeigt eine kopfüber mitten durch ein Sonnenblumenfeld nach vorn auf den Betrachter zustürzende weibliche Figur, die von einem mächtigen Raubvogel bedrängt wird. Er schlägt so wild mit seinen Flügeln, dass sich die Federn weit aufspreizen, seine Krallen sind ausgefahren, der Kopf ist vorgereckt, sein roter Schnabel im nächsten Moment zum Hieb bereit. Die nackte Frau ist in höchster Gefahr. Auch hier ist die Darstellung wieder in das Kreuzgerüst der Komposition eingebunden, die aber ausschließlich durch die Farbfelder herausgebildet wird. Der Frauenfigur ist das Kreuz förmlich auferlegt, ohne Aussicht auf Entrinnen. Zusätzlich wird die ganze Bildfläche von zwei großen sich kreuzenden Diagonalen durchfahren, mit denen das Geschehen zusätzlich dramatisiert wird: einmal von rechts oben – der rechten Ferse der Frau bis zur Halt suchenden rechten Hand – nach links unten; und gegenläufig, weniger linear ausgebildet, vom zum Bogenwinkel zugespitzten rechten Flügel des Vogels über seinen Kopf hinunter zum linken Ellenbogen der Frau. Gleichsam festgenagelt von dieser doppelten Kreuz(ig)ung ist selbst Flucht vergeblich, Rettung nicht in Sicht. Hilflos ist sie der aggressiven Natur ausgeliefert. Ihre kreatürliche Nacktheit zeigt nicht nur ihre ausweglose Schutzlosigkeit, sondern betont zusätzlich ihre ureigene Natürlichkeit und bruchlose Zugehörigkeit zur Natur gerade auch als Gejagte.

Gejagt, 2010, Öl auf Leinwand, 130 x 81 cm

Das Kreuz ist aber auch ein bewährtes künstlerisches Mittel – man schaue sich daraufhin nur noch einmal die Figuren-Kompositionen von z. B. Peter Paul Rubens oder insbesondere auch die ‚romantischen’ Landschaften von Caspar David Friedrich an. Das Kreuz bindet die dramatische Überhöhung der Darstellung, ihre Aufladung mit Gefühlen strikt ein, um jegliche ‚Gefühligkeit’, jeden Anflug von Schwärmerei zu unterbinden. Es ist hier das bildnerische Mittel, um erst recht in der emotionsgeladenen Farbigkeit der Malerei auch höchste Erregtheit zuzulassen, sie durch die Disziplinierung mittels strengster bildnerischer Kontrolle aber umso überzeugender zu machen. Die Gewalttätigkeit der Lust kann so gebannt werden. Die Kälte der Geometrie bändigt die Hitze der Farbenlust.

Verglühen, 2009, Kohle und Aquarell auf Bütten, 75 x 53 cm
Tiefblau, 2009, Kohle und Aquarell auf handgeschöpftem Papier, 78 x 57 cm

Naturgewalten

In ihren vorerst letzten Bildern von 2011 hat sich Angelika von Schwedes einem unerwartet neuen Thema zugewandt: dem Meer, der anbrandenden Woge. Man erkennt sie nicht sofort und meint spontan, ein rein abstraktes Bild in expressiver Gestik vor sich zu haben. Und in der Tat liefert das Sujet ja auch den realistischen Vorwand für eine solche Malerei. Aber auch hier stellt sich die Künstlerin in eine große Tradition. Seine „Große Welle“ hat Gustave Courbet immer wieder gemalt. Dann müssen wir uns natürlich noch an Caspar David Friedrich und sein Bild „Mönch am Meer“ erinnern, in dem das winzige Menschlein den übermächtigen Naturgewalten verloren gegenübersteht. Das Menschenbild aber spielt in diesen Bildern bei von Schwedes – wie bei Courbet – keine Rolle. Bei Friedrich war es ein wirkungsvoller Kunstgriff, den Betrachter, wenn er sich mit dem Mönch identifizierte, in dieses überwältigende Schauspiel der Natur eintauchen, ganz in der Natur aufzugehen zu lassen, ihn förmlich in das Bild hineinzureißen. Was Heinrich von Kleist mit dem berühmten Satz kommentierte: „Es ist, als ob einem die Augenlider weggeschnitten seien.“

Woge II, April 2011, Öl auf Leinwand, 130 x 162 cm

Doch das kommunikative Rollenspiel zwischen Bild und Betrachter hat sich im 20. Jahrhundert gewandelt. Wie als erste Seherfahrung vor den Bildern von Angelika von Schwedes bereits eingangs beschrieben, ist der Betrachter vor dem modernen Bild direkter Teilhaber und Mittäter; er selbst ist, um im Bild zu bleiben, der Mönch. Die Konfrontation mit der Naturgewalt ist umso unmittelbarer, unverstellter, unausweichlicher. Hoch branden die Fluten auf und füllen das gesamte Bildfeld. Die in von Schwedes „Landschaften“ schon beobachtete Bildräumlichkeit ist völlig autonom aus den heftigen gestischen Pinselhieben gewoben. Der Blick prallt vor einer in sich wild bewegten Mauer zurück und wird im nächsten Augen-Blick in die Strudel, Wirbel und sich aufbäumenden Fluten hineingezogen. Zugleich wird die Unüberschaubarkeit des Meeres erfahren, denn das Bild ist gleichsam über seinen Rand hinaus gemalt, es gibt nichts anderes. Das Bild ist nur Ausschnitt aus einem unendlichen Ganzen. Völlig umfangen von der tosenden Welle, befindet sich der Betrachter mitten im Bild. Und der Atem stockt.

Doch selbst in diesen aufgewühlt brausenden, gischtenden, emporschießenden, anbrandenden und in sich zusammenstürzenden Wassermassen, mitten im ungebändigten Chaos der Natur – im Weltensturz gleichsam – herrscht Ordnung. In „Große Woge“ finden wir eine lila-blaue Senkrechte als Mittelachse. Sie bildet das Zentrum und zusammen mit der drohenden Schwärze des herantreibenden weiten Meeres dahinter wieder das kompositorische Kreuz. Im unteren Mittelfeld zeigt sich eine eigentümliche, nur vage zu erkennende ovale Form, denn sie wird von allen Seiten von der schäumenden Gischt überspült. Ist dies der Rumpf eines dem Untergang geweihten Schiffes, die Mittelachse des Bildes sein Mast? Dann wären wir als Betrachter plötzlich und mit dem gewaltigen Schwung einer Sturmböe wie eine Möwe hoch in den stürmischen Himmel katapultiert – denn wir schauen aus dieser schwankenden, im Orkan hinund her getriebenen Perspektive auf den Zusammenprall der Elemente aus höchster Höhe herab.

Das Geheimnis des Lebens (Große Woge), Mai 2011
Öl auf Leinwand, 146 x 195 cm

Stellen wir uns nach diesem Höhenflug wieder vor das Bild, verschwindet die Erscheinung fast völlig, doch das eigentümliche Oval bleibt. In geduldigem Schauen erkennen wir darin schließlich auch eine liegende Acht – die Lemniskate, die mathematische Kurve höherer Ordnung, also das Zeichen für Unendlichkeit: die Weite und Grenzenlosigkeit des Meeres, seine un aufhörlich atmende Bewegung, der nicht endende Kreislauf der Natur, die unter dem Kreuz steht. Aber ich denke, es geht auch hier weniger um religiöse Zeichen, als um demütige Gläubigkeit und ein ebenso demütiges Selbstverständnis als Teil der wundersamen Schöpfung.

Schillernder Horizont (Woge I), Mai 2011, Öl auf Leinwand, 114 x 162 cm

Einheit

Wir sind in unserer Begegnung mit der Bilderwelt von Angelika von Schwedes auf ganz verschiedenen Wegen, auf unterschiedlichsten Ebenen und aus wechselnden Perspektiven immer wieder der Einheit von Gegensätzen begegnet, in denen die Künstlerin ihr großes Thema in vielfältigsten Variationen stets aufs Neue anschaulich formuliert. In dieser Vereinigung scheinbar unvereinbarer Gegensätze liegt auch die utopische Dimension ihrer Kunst. ‚Schnell’ und ‚langsam’ treten in der Gestaltung des Bildes so intensiv gleichzeitig auf, dass sie sich unwillkürlich auf unsere Wahrnehmung übertragen. Wir haben den ungestümen Duktus der ungehemmten, spontanen Niederschrift ihrer Malerei gesehen und die durchgängige geometrische Strenge der Komposition, in die sie eingebunden ist.

Mit dieser souverän beherrschten bildnerischen Sprache zeigt sie den Menschen in der Natur behütet eingebettet und geschützt, doch gleichzeitig auch als existentiell herausgefordert und gefährdet; sie zeigt die tröstliche Verwandlungskraft der Natur zwischen Werden und Vergehen und versteht schließlich Sterben und Tod als unverbrüchlichen Teil des Lebens.

Weil dieses Geschenk der Schöpfung in allem Schmerz und Leid, in aller Freude und Beglückung so kostbar ist, hat sich Angelika von Schwedes in ihrem Leben als Malerin eine uns bewegende Kultur der Farbe erarbeitet und dabei eine wahre Farbenlust entfaltet, mit der sie auch den Weltensturz ins Bild zu setzen vermag. Können wir uns in unseren Zeiten eine aktuellere Malerei denken?

Jörn Merkert

Adonis, Goethe-Preisträger der Stadt Frankfurt 2011, applaudiert Angelika von Schwedes. Veranstaltung DIALOG im Kunstverein Zweibrücken

ANGELIKA VON SCHWEDES- BIOGRAFIE

1950 geboren
1973 - 79 Studium an der Hochschule der Künste, Berlin
1981 - 83 Stipendiat der Karl-Hofer-Gesellschaft
1991 - 93 Lehrauftrag an der Hochschule der Künste, Berlin
1998 - 99 Dozentin an der Freien Kunstschule Berlin lebt und arbeitet als freischaffende Malerin in Berlin