Das mit Abstand früheste Werk in dieser Ausstellung ist „Kiva“ von 1962. Es variiert, charakteristisch für die Werkphase der frühen sechziger Jahre, die Faktur des Wirbels, die hier, mit schnellen kurzen Bewegungen vielfach wiederholt, ein unförmiges Knäuel bildet, welches einer großen, schwarzen Fläche am rechten Bildrand fast wie ein lebendes Wesen gegenübertritt. „Kiva“ macht deutlich, wie weit diese Malerei entfernt ist von den Action Paintings etwa eines Jackson Pollock mit ihrem schwerpunktlosen „all over“. Bei Götz indessen formieren sich die Pinsel- und Rakelzüge stets zu kalkulierten Konstellationen, die eine bildimmanente, oft dramatische Spannung aufbauen und diese meist, zu den Rändern hin, wieder auflösen.
Die anderen hier gezeigten Gemälde und Gouachen stammen aus den achtziger und neunziger Jahren; das jüngste, „Ilph VI“, entstand 2001. Bildmotive, Fakturen und Schemata aus dem gesamten Götz’schen Oeuvre tauchen auf und führen beispielhaft die vielfältigen Aspekte seiner Kunst vor Augen: etwa die kollisionsartige Überkreuzung zweier diagonaler Gegenbewegungen in „KEPHA“ (1985); die fast kalligraphischen, sparsam-meditativen Pinselgesten in „Tolph II“ (1996); oder der heftig aus tiefem Schwarz hervorbrechende rötliche Strudel in „Item“ (1996). Im Vergleich zu älteren Bildern fällt in den neueren ihre stärkere Farbigkeit auf sowie die bislang für Götz eher ungewöhnliche Kombination mehrerer Farben in einer Arbeit
Karl Otto Götz, der am 22. Februar 2009 seinen 95. Geburtstag feierte, malt nach wie vor regelmäßig in seinem Atelier, wo großformatige, kraftvolle Bilder entstehen. Hierbei helfen ihm seine Frau, die Malerin Rissa, und ein Assistent, denn in den letzten Jahren hat Götz sein Augenlicht fast ganz verloren.
Mit seiner 1952 entwickelten Maltechnik steht ihm bis heute ein ideales Verfahren zur Verfügung, um immer wieder neue, unverbrauchte Ausdrucksformen hervorzubringen.
Sabine Schütz