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Erich Koch
Erich Koch gehört wie Michael Croissant zu den wichtigsten Bildhauern aus Rheinland-Pfalz, die sich in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts insbesondere mit der menschlichen Gestalt auseinander gesetzt haben. Aber Erich Koch ist nicht nur ein ausgezeichneter Künstler, sondern auch ein hervorragender Lehrender gewesen, der als Professor an der Akademie der bildenden Künste München gelehrt und Generationen von Kunststudierenden geprägt hat.
Doris Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur
Werke von Erich Koch
Die Erinnerung an Samothrake aus dem Jahr 1978 mag für Erich Koch ein Schlüsselwerk sein; weil sich der Plastiker mit der Gestalt eines Engels auseinandersetzte und ohne bewusstes Photostudium oder dem Nachdenken vor einem Gipsabguss assoziativ eine Annäherung an die 1863 gefundene und heute im Pariser Louvre ausgestellte späthelleni- stische Skulptur der Nike von Samothrake beim Modellieren feststellte. So wurde diese Figur als Erinnerung in einer Art Hommage nach der berühmten Nike von Samothrake betitelt. Die um 180 vor Christus entstandene Freiplastik einer Nike hatten die Rodier zum Dank für den Sieg über Antiochus III. von Syrien (227-187 v. Chr.) in der Nähe des Kabiren- Heiligtums als weithin sichtbares Denkmal aus weißem Marmor auf dem Vorderteil eines in dunkelgrauem Marmor ausgeführten Schiffes aufgestellt.
Erich Koch reibt sich in seiner Erinnerung an dem mimetischen Grundzug der griechischen Plastik und stellt bei seiner ganz persönlichen Antikenrezeption das Bestreben und das Ziel der griechischen Plastik allgemein, den Menschen möglichst vollkommen abzubilden, in Frage. Er erfindet neue Ausdrucksformen für den Ausdruck der Wirklichkeit des Menschenbildes in seiner Zeitgenossenschaft, denn zu sehr dominierten die Missverständnisse bei einer idealen Nachahmung des klassischen Menschenbildes in den vergangenen Kunstepochen des 19. und 20. Jahrhunderts. Dabei behält er einige ureigenste Erfindungen der griechischen Bildhauer, wie die Anwendung des Kontrapostes für die Haltung und Gestik der Figur bei. Ferner bleibt der Wille zur Körperplastik, zum plastischen Formen und raumgreifenden Gestalten. Auch das antike Gesetz von Kern und Hülle ist elementar spürbar.
Sitzende, 1964, Bronze
Bronze, 1970, stehender Hund, Höhe 19 cm
Bronze, 1970, Eule, Höhe 53 cm
Bronze, 2004, Krähe, 27 x 55 cm
Die Nike Erich Kochs ist ein zerbrechliches Gefäß geworden, aufgebrochen in der Körperlichkeit und sucht mühsam im Kontrapost Balance zu halten. Von den mächtigen Siegesschwingen sind fragmentierte und gestutzte Flügelstummel geblieben, mit denen die verwundete Nike verzweifelt und wohl vergebens sich aufzuschwingen sucht. Die verletzte Gestalt, die in Schalen aufgebrochene Körperlichkeit, bildet einen merkwürdigen Gegensatz zu dem einstigen strahlenden Siegesdenkmal, dessen Funktion aus der Antike und auch sein ursprünglicher Standort bekannt sind, die neben Eleusis bedeutendste Mysterienstätte, die dem Eingeweihten glückliches Leben, besonderen Schutz der Götter auf See und Rettung in der Seenot verhieß. Die Desillusion vom Menschen nach den Ereignissen des 2. Weltkriegs und seinen Katastrophen, und die Entgöttlichung der Welt haben die Erinnerung zum Mahnmal gemacht.
Clemens Jöckle
Erinnerungen an Samothrake, 1978
Bronze, 1974, stehender weiblicher Torso, Höhe 75 cm
Bronze, 1978, Der Schrei I, Höhe 40 cm
Auszüge aus dem Skizzenbuch von Erich Koch
Bronze, 1964, Torso auf Würfel, Höhe 80 cm
Bronze, 1988, weiblicher Torso, Höhe 53 cm