Barbara Klemm

Dr. Claude W. Sui
Barbara Klemm – Historische Ereignisse im Spiegel eines humanistischen Blicks – Camera Eyes Wide Open

Barbara Klemm wurde im Laufe ihrer jahrzehntelangen Karriere zu Recht mit vielen Ausstellungen und bedeutenden Preisen für ihr fotografisches Werk geehrt. Mit dem Kameraobjektiv hielt sie das Zeitgeschehen von Dekaden fest und avancierte so zur Chronistin ganz in der Tradition von Erich Salomon, dem „König der Indiskreten“ oder von Henri Cartier-Bresson, der, wie er selbst von sich sagte, wie ein „Dieb auf leisen Sohlen“ dem entscheidenden Augenblick nachjagte. Barbara Klemm genoss das Privileg, als Redaktionsfotografin für die renommierte Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) von1970 bis zu ihrer Pensionierung 2005 zu arbeiten. Im Auftrag der FAZ bereiste sie viele Kontinente, fotografierte bedeutende politische Ereignisse, porträtierte Politiker, Künstler sowie immer wieder Menschen des Alltags im öffentlichen Raum.

Ihre Vorliebe gilt der Schwarz-Weiß-Fotografie, die bei ihr den Augenblick magisch und überzeitlich in einer subtilen, meisterhaft austarierten Bildkomposition kontrastreich und „plastisch“ wiedergibt. Barbara Klemm ist als Bildjournalistin der Wahrheit verpflichtet. Ihre Fotografien bezeugen ihr Ethos, das festgehaltene Geschehen möglichst objektiv zu dokumentieren. Selbst ihre oft dramatischen Bilder sind dabei weder sensationslüstern, wie sie in der Regenbogenpresse bevorzugt werden, noch handelt es sich um reißerische Tatort Dokumentationen von Mord und Totschlag à la Weegee, der u.a. in den 1930er/40er Jahren die Unfälle und Verbrechen in New York City fotografierte. Barbara Klemm führt dagegen ihre Kamera mit sensiblem und offenem Blick und bleibt stets mit einer gewissen Distanz Herrscherin des jeweiligen Geschehens. Aus einer angespannten Ruhe heraus hält sie den Augenblick derart fest, dass Inhalt und Form zu einer untrennbaren Einheit verbunden werden.

Das Bewusstsein für Bildkomposition wurde bereits in jungen Jahren durch ihren Vater, den Maler Fritz Klemm, gefördert, der als Professor für Malerei an der Karlsruher Kunstakademie wirkte. Die Kamera dient Barbara Klemm vielfach als Werkzeug, um gesellschaftliche Ereignisse wie in einem Brennspiegel aufzuzeigen. Ihr gelingen dabei scheinbar zufällige, aber höchst verdichtete Schlüsselbilder gesellschaftspolitischen Zeitgeschehens, wie ihre Aufnahmen der Studentenunruhen von 1968, der Protestversammlungen von Bürgerinitiativen und Aufmärschen militanter Rechtsextremisten, vom Alltags leben in Ost und West während der Zeit des Eisernen Vorhangs. Daneben entstehen Landschaften von archaischer Schönheit, psychologisch aufschlussreiche Porträts von einfachen Menschen oder von Künstlern, Musikern, Schriftstellern. Dem Leben mit der Kamera möglichst tief auf den Grund zu sehen, um besonders sozial problematische Verhältnisse ungeschönt und wahrhaftig aufzuzeigen, ist die besondere Stärke von Barbara Klemm. Damit steht sie in der Reihe großer Fotografen und Fotografinnen, etwa in der Nachbarschaft der Hauptvertreterin der Farmer Security Administration, Dorothea Lange, die in der amerikanischen Depression der 1930er Jahre das Elend der Wanderarbeiter im Auftrag der Regierung festhielt. Auch gibt es eine Nähe zu Margaret Bourke-Whites Bildreportagen und Porträts, die in den 1940er Jahren das LIFE-Magazin veröffentlichte, wie die berühmten Aufnahmen von Franklin D. Roosevelt, Josef Stalin, Winston Churchill oder Mahatma Gandhi.


Willy Brandt und Helmut Schmidt, 1973
Ostverträge, Bonn, Breschnew, Brandt, Scheel, 1973
Ost-Berlin, Breschnew, Honecker –
„Der Bruderkuss“, 1979
„Winterfeldplatz“, Berlin,1982

KÜNSTLERPORTRAITS


Joseph Beuys, Berlin, 1982

Gerhard Richter, Köln, 2002

Alfred Hitchcock, Frankfurt a. M., 1972

Sammy Davis Jr., Frankfurt a. M., 1976

LANDSCHAFTEN


Ring of Kerry, Irland, 1995

Kurische Nehrung, 2000

James Turrell, Roden Crater, Arizona, 2004

Wolkenstudie, 1999

Via Condotti, Rom, 1994

Salzburg, 2013

BIOGRAFIE Barbara Klemm

Geboren 1939 in Münster/Westfalen

1955-1958
Ausbildung als Fotografin in einem Porträtatelier in Karlsruhe

1959
Anstellung bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(FAZ), zunächst Klischeeherstellung und Arbeit im
Fotolabor, zudem freie journalistische Fotografie

1970-2004
Redaktionsfotografin mit den Schwerpunkten
Feuilleton und Politik bei der FAZ, Frankfurt am Main

Seit 1992
Mitglied der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg,
Abteilung Film- und Medienkunst

Seit 2000
Honorarprofessorin an der Fachhochschule Darmstadt
im Fach Fotografie am Fachbereich Gestaltung

Seit 2011
Mitglied im Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste

Barbara Klemm lebt in Frankfurt am Main